Die Entscheidung über eine neue Ortsmitte ist gefallen: Die
Mehrheit des Gemeinderats hat sich ebenso wie die Verwaltung den
Vorgaben des Investors Edeka untergeordnet. Der Investor war in
keiner Weise bereit Abstriche von seinem Konzept zu machen.
Man kann sich natürlich fragen, warum die Mehrheit des Gemeinderats
und die Verwaltung einem Ortszentrum, das aus einem ebenerdigen
Parkplatz (etwa 3-4 mal so groß wie eine Parkebene bei Aldi),
einem riesigen Einkaufsmarkt (über dreifache Größe
wie Tengelmann im BreuningerLand) und einem Bürgersaal auf
Stelzen zugestimmt haben?
Was hat Bürgermeister und Gemeinderatsmehrheit veranlasst,
von der ursprünglichen Idee einer liebenswerten Ortsmitte Abstand
zu nehmen? Bei keinem der Gemeinderäte ist die Konzeption von
Edeka auf Freude und Begeisterung gestoßen, was man auch den
einzelnen Stellungnahmen der Fraktionen entnehmen konnte.
Warum aber dann die Zustimmung zu diesem Projekt? Könnte es
sein, dass die Angst geschürt wurde, ohne Edeka gäbe es
auch keinen Bürgersaal? Oder fehlte der Mut, auch ohne Edeka
eine neue Ortsmitte zu wagen? War vielleicht der Spatz in der Hand
besser als die Taube auf dem Dach?
Blicken wir noch einmal zurück zu den ursprünglichen
Zielen für eine neue Ortsmitte:
· Schaffung eines von der Gesamtbevölkerung akzeptierten
Ortszentrum, u.a. durch einen Einkaufsmarkt als Magnet
· Schaffung einer qualitätsvollen Atmosphäre für
den ortsansässigen Einzelhandel, z.B. zentraler "Marktplatz",
Gastronomie, etc. ...
· Bau eines Bürgersaales
· Raumkante entlang der Entlastungsstraße L1110 NEU
durch eine Neubebauung bzw. schallschutzfördernde Maßnahmen
· Beschränkung der Baumassen auf das ortstypische bzw.
städtebaulich verträgliche Maß
· Einbeziehung angrenzender Straßenräume wie Bissinger
Straße und Bahnhofstraße
Vergleicht man das jetzige Ergebnis mit den ursprünglichen
Zielen, dann muss festgestellt werden, dass der Großteil verfehlt
wurde!
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Doch es hätte auch Alternativen zum jetzigen Beschluss gegeben.
Der von allen für notwendig erachtete und gewünschte Bürgersaal
hätte auch ohne Edeka gebaut werden können. Schließlich
baut ihn nun die Gemeinde ohnehin selbst. Ob sie dann allerdings den
Bürgersaal auf Stelzen gebaut hätte, um weitere Parkmöglichkeiten
zu gewinnen, ist eher fraglich. Die vorhandene Restfläche hätte
vorübergehend freigehalten werden und sofern sich kein anderer
Investor gefunden hätte als Bürgergarten genutzt werden
können.
Ein Supermarkt war ursprünglich als Magnet gedacht. Nun wird
er zum Selbstzweck. Größe und Anordnung dieses Supermarktes
lassen eher befürchten, dass es mit dem "Riesen-Edeka"
zu einem Sterben der kleinen Läden kommt als dass diese durch
den Supermarkt zusätzliche Kunden erhalten. Auch der Bund der
Selbständigen (BdS) sieht die Edeka-Planung problematisch,
nachdem ihm die Pläne nach dem Gemeinderatsbeschluß bekannt
wurden. Zudem: Die Grundversorgung in Tamm ist auch ohne Edeka gewährleistet,
eine unabdingbare Notwendigkeit für diesen Markt gibt es also
nicht.
Wenn man schon - wie in diesem Fall - eine Entscheidung trifft,
die mit den früheren Planungen nichts mehr gemein hat, hätte
man dann nicht die Bürger in diese wichtige Entscheidung einbeziehen
müssen? (siehe hierzu auch den separaten Artikel zum Bürgerentscheid).
Eine einmalige Chance für eine liebenswerte Ortsmitte wurde
durch den Beschluss (der Mehrheit) des Gemeinderates vertan. Es
muss nun aber im Interesse des Gemeinderates (und der Tammer Bürgerinnen
und Bürger) sein, wenigstens die Bereiche unmittelbar um das
Neue Rathaus ansprechend zu gestalten. Hoffentlich werden bei diesen
Überlegungen die Bürger endlich in die Planungen mit einbezogen.
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